Übersicht | 05/2023
30 Jahre nach Solingen: Zivilgesellschaftliche Gedenkinitiativen und -projekte
Am 29. Mai 2023 jährt sich der rassistische Anschlag von Solingen zum 30. Mal. In der Nacht auf den 29. Mai 1993 setzten Rechtsextreme das Haus der Familie Genç in Brand. Fünf Menschen starben, darunter drei Mädchen (Gülüstan Öztürk, Hülya Genç und Saime Genç) und zwei junge Frauen (Gürsün İnce, Hatice Genç). Viele weitere Familienmitglieder wurden schwer verletzt.
Der Brandanschlag war der traurige Höhepunkt einer rassistischen Anschlagswelle zu Beginn der 1990er Jahre: Im November 1992 hatten Neonazis Molotowcocktails auf zwei Wohnhäuser in Mölln geworfen, in denen überwiegend Familien mit türkischer Migrationsgeschichte wohnten – drei Menschen starben. Im August 1992 war es in Rostock-Lichtenhagen über mehrere Tage zu rassistischen Ausschreitungen gekommen. Und im September 1991 hatten Neonazis in Hoyerswerda tagelang Bewohner*innen eines Vertragsarbeiterwohnheims und einer Geflüchtetenunterkunft rassistisch angegriffen.
Zivilgesellschaftliche Initiativen und Projekte
Wie ist das Gedenken an den Anschlag in Solingen heute organisiert? Welche zivilgesellschaftlichen Initiativen und Projekte gibt es, die sich mit dem Brandanschlag und dem Erinnern daran befassen? Wir stellen einige von ihnen vor.
Die Liste erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Bei Hinweisen auf weitere Initiativen schreiben Sie uns gern eine E-Mail an kontakt@bundesverband-mobile-beratung.de. Vielen Dank.
Ausstellung 'Solingen ’93 - Unutturmayacağız!'
Im Wuppertaler „Zentrum für verfolgte Künste“ ist vom 30. Mai bis zum 10. September 2023 die
Ausstellung „Solingen ’93 – Unutturmayacağız! Niemals vergessen!“ zu sehen. Sie zeigt u.a. Portraits der in Solingen ermordeten Frauen und Mädchen sowie Interviews mit Zeitzeug*innen. Die Ausstellung wird begleitet von einem vielseitigen Veranstaltungsprogramm. Geplant sind unter anderem Literaturlesungen, Konzerte und Diskussionen.
Bunt statt braun
Das Bündnis „
Bunt statt braun“ ist ein Zusammenschluss von über 60 Vereinen, Initiativen, Gruppen, Parteien und Verbänden in Solingen, die sich gegen Rechtsextremismus und für Vielfalt einsetzen. Seit 2007 organisiert das Bündnis Kundgebungen gegen rechte Parteien und erinnert an die Opfer rassistischer Gewalt. So ruft das Bündnis auch zum 30. Jahrestag des Brandanschlags in Solingen zum Gedenken auf.
Bündnis 'Solingen ’93 - Unutturmayacağız!'
Im
Bündnis „Solingen ’93 – Unutturmayacağiz! Niemals vergessen!“ haben sich zahlreiche zivilgesellschaftliche Akteur*innen aus Solingen zusammengeschlossen, um an den rassistischen Brandanschlag zu erinnern. Anlässlich des 30. Jahrestags organisieren sie am 29. Mai 2023 ab 12 Uhr eine Gedenkdemonstration mit dem Titel „30 Jahre danach – die rechte Gewalt reißt nicht ab!“. In ihrem
Aufruf skizzieren die Organisator*innen die Kontinuität rechter Gewalt in Deutschland und erläutern, welche Rolle der Verfassungsschutz beim Anschlag in Solingen gespielt hat.
IDA-NRW
1994 – kurz nach dem rassistischen Anschlag in Solingen – wurde das „Informations- und Dokumentationszentrum für Antirassismusarbeit in NRW“ (
IDA-NRW) gegründet. Es bietet Informationen und Qualifizierung rund um die Themen Rechtsextremismus, Rassismus, Migration, Diversität und Empowerment in NRW an – auch und vor allem im pädagogischen Bereich. Anlässlich des 30. Jahrestags des Solinger Anschlags lädt IDA-NRW am 6. Juni zu einer
Fachtagung in Düsseldorf ein. Dort sprechen Expert*innen über rassismuskritische Perspektiven auf Ansätze und Konzepte der (Jugend)Bildungsarbeit.
Landesintegrationsrat NRW
Der
Landesintegrationsrat NRW hat am 23. Mai 2023 eine Aktionsreihe gestartet, um der Opfer des Brandanschlags von Solingen zu gedenken und ein Zeichen gegen Rassismus zu setzen. Geplant ist unter anderem eine
Fahrrad-Sternfahrt unter dem Titel „Radeln gegen braun“ am 29. Mai.
Solingen '93 – eine theatrale Busreise in die Vergangenheit
Am Schauspielhaus Düsseldorf läuft seit April 2023 das
Stück „Solingen 1993 – eine theatrale Busreise in die Vergangenheit“. Zuschauer*innen fahren von Düsseldorf aus mit dem Bus nach Solingen, laufen zu Fuß relevante Orte des rassistischen Brandanschlags ab und können so die Ereignisse der Tatnacht rekonstruieren. Im Fokus der Aufführung stehen die Perspektiven der Betroffenen. So lässt das Stück vor allem Mitglieder, Freunde und Verwandte der Familie Genç zu Wort kommen und geht auf die Frage ein, wie gelebte Solidarität heute aussehen kann.
Gedenkveranstaltungen zum 30. Jahrestag
Eine Übersicht aller Gedenk-Veranstaltungen zum 30. Jahrestag des Anschlags hat „NRWeltoffen & Demokratie leben! Solingen“ auf seiner Website veröffentlicht. Die Stadt Solingen lädt am 29. Mai ab 14 Uhr gemeinsam mit Angehörigen der Familie Genç zu einer Gedenkfeier ein.