Übersicht | 11/2022
30 Jahre nach Mölln: Zivilgesellschaftliche Gedenkinitiativen heute
Am 23. November 2022 jähren sich die rassistischen Anschläge von Mölln (Schleswig-Holstein) zum 30. Mal. In der Nacht vom 22. auf den 23. November 1992 warfen Neonazis Molotowcocktails auf zwei Wohnhäuser, in denen überwiegend türkeistämmige Familien wohnten. Drei Menschen kamen ums Leben: die 51-jährige Bahide Arslan, die 14-jährige Ayşe Yılmaz und die 10-jährige Yeliz Arslan. Weitere neun Personen wurden zum Teil schwer verletzt.
Die Anschläge von Mölln reihen sich ein in eine Serie rassistischer Gewalt nach 1990: Wenige Monate vorher, im August 1992, war es in Rostock-Lichtenhagen zu rassistischen Ausschreitungen gekommen, bei denen nur durch Zufall niemand ums Leben kam. Wenige Monate nach Mölln, am 29. Mai 1993, verübten Rechtsextreme einen Brandanschlag auf das Haus einer türkeistämmigen Familie in Solingen (Nordrhein-Westfalen). Fünf Menschen starben, 14 wurden schwer verletzt.
Wie wird heute an die Anschläge von Mölln erinnert? Welche zivilgesellschaftlichen Initiativen gibt es, die sich speziell mit den Anschlägen in Mölln und dem Gedenken daran befassen? Wir stellen zwei von ihnen vor.
Die Liste erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Bei Hinweisen auf weitere Initiativen schreiben Sie uns gern eine E-Mail an kontakt@bundesverband-mobile-beratung.de. Vielen Dank.
„Freundeskreis im Gedenken an die rassistischen Brandanschläge von Mölln 1992“
Der „Freundeskreis im Gedenken an die rassistischen Brandanschläge von Mölln 1992“ wurde von Mitgliedern und Freund*innen der Familie Arslan sowie Personen aus anderen Gedenkinitiativen ins Leben gerufen. Er koordiniert die jährlich stattfindende „Möllner Rede im Exil“ (s. unten), unterstützt andere Betroffene rechter Gewalt und organisiert Bildungsveranstaltungen und Zeitzeug*innen-Gespräche. Bekanntes Mitglied des Freundeskreises ist Ibrahim Arslan, Enkel der verstorbenen Bahide Arslan. Er engagiert sich seit vielen Jahren in der Antirassismus-Arbeit und vernetzt Betroffene von rassistischer Gewalt bundesweit.
Mit der „Möllner Rede im Exil“ will der Freundeskreis die Perspektive der Betroffenen in den Mittelpunkt stellen. Sie findet seit 2013 statt, jedes Jahr in einer anderen Stadt. Mit dem Zusatz „im Exil“ äußern die Initiator*innen Kritik an der Stadt Mölln: Auch sie organisiert jährlich eine Gedenkveranstaltung zu den Anschlägen, bezieht die Betroffenen aber nicht bzw. nicht ausreichend ein, so die Kritik.
2022 lädt der Freundeskreis anlässlich des Jahrestags der Anschläge zu zwei Veranstaltungen ein:
- 20. November, 14 Uhr, Jarrestr. 20, Hamburg: Möllner Rede im Exil mit Angehörigen der Familien Arslan und Yılmaz und der Rechtsanwältin Katrin Inga Kirstein, die die Familie Arslan seit 20 Jahren begleitet.
- 23. November, 15-19 Uhr, Mühlenstr. 9, Mölln: Offenes Gedenken „WIR WERDEN IMMER WIEDER DA SEIN“
Miteinander Leben e.V.
Der Verein „Miteinander Leben“ wurde im Dezember 1992, unmittelbar nach den rassistischen Anschlägen in Mölln, gegründet. Er will über Rechtsextremismus in Mölln und Umgebung aufklären und durch Bildungsangebote vor allem junge Menschen für die Demokratie gewinnen. Dafür hat der Verein verschiedene Projekte ins Leben gerufen, darunter das Projekt „GESTÄRKT“, das sich vor allem an Schulklassen richtet: In ein- bis zweitägigen Workshops sollen Schüler*innen für Diskriminierung sensibilisiert und dazu ermutigt werden, Haltung und Zivilcourage zu zeigen.
Anlässlich des 30. Jahrestags der Anschläge in Mölln hat der Verein eine Wanderausstellung für Schulen erarbeitet. Sie soll über die Geschichte der Anschläge informieren und Schüler*innen für Rassismus sensibilisieren.