Stellungnahme | 02/2024
Demokratiefördergesetz: Ein Faktencheck
Die Debatte um das Demokratiefördergesetz hat zuletzt wieder an Schärfe gewonnen. Es scheint eine Art Kulturkampf im Gange zu sein, bei dem die Fakten auf der Strecke bleiben. Wir klären daher fünf Missverständnisse auf und greifen dafür auf Zitate aus der ersten Lesung des Gesetzes im Bundestag (März 2023) zurück. Viele dieser Missverständnisse prägen die Debatte um das Demokratiefördergesetz bis heute.
Dieser Faktencheck wurde erstmals im Juni 2023 veröffentlicht. Anlässlich der jüngsten Äußerungen von Vertreter*innen der FDP haben wir den Text leicht überarbeitet und neu veröffentlicht.
„Politisch erwünsche Weltanschauungen sollen dauerhaft finanziert werden“
Es sollen keine Weltanschauungen finanziert werden, sondern eine professionelle Unterstützung für Betroffene und Engagierte auf der Basis von klaren Regeln sichergestellt werden. Ziel des Gesetzes ist ursprünglich die Förderung der zentralen Beratungsstrukturen von Opfer-, Ausstiegs- und Mobiler Beratung. Diese setzen sich seit über 20 Jahren im Auftrag der Beratungsnehmenden für Demokratie, Grund- und Menschenrechte ein, werden wissenschaftlich begleitet und sind positiv evaluiert. Damit stärken sie Kommunalverwaltungen, Vereine und Verbände, Bildungseinrichtungen, Initiativen und viele mehr – und damit die demokratische Kultur vor Ort.
„Feuerwehren und Sportvereine kommen gar nicht in den Genuss dieses Gesetzes“
Das Gegenteil ist der Fall: Feuerwehrleute, Engagierte aus Sportvereinen, Landfrauen, Kirchengemeinden, Migrant*innenorganisationen und viele andere engagierte Bürger*innen gehören zur Kernzielgruppe Mobiler Beratung und vielen anderen der aktuell geförderten Projekte. Mit den Partnerschaften für Demokratie und dem Programm Zusammenhalt durch Teilhabe fördert der Bund zudem genau diese Zielgruppen, die damit direkt von Projektmitteln profitieren. Viele Modellprojekte sind bei kirchlichen Trägern oder Sportverbänden angesiedelt. Der Bundesverband hat 2023 mit der Deutschen Sportjugend im DOSB den Flyer „Mit Schutz und Rückendeckung“ herausgegeben. All diese Engagementstrukturen brauchen professionelle Unterstützung und Expertise – diese soll mit dem Demokratiefördergesetz nachhaltig gefördert werden.
„Das Mitspracherecht des Parlaments wird ausgehebelt“
Mit dem Demokratiefördergesetz könnte die Mitsprache des Parlaments sogar gestärkt werden. Bisher wurden die Förderrichtlinien in der Bundesverwaltung erarbeitet – ohne Beteiligung des Parlaments und bis zur Veröffentlichung weitgehend intransparent. Nun kann das Parlament mit dem Gesetz selbst den Rahmen für die Richtlinienerstellung beschreiben, sich regelmäßig über den Umsetzungsstand berichten lassen, debattieren und notwendige Reformen umsetzen. Förderrichtlinien konkretisieren dann das Gesetz – und werden bestenfalls von der Verwaltung transparent unter Einbindung der Zielgruppe und der geförderten Träger erarbeitet. Das ist zum Beispiel im Geltungsbereich des Kinder- und Jugendplans des Bundes übliche und bisher nicht beanstandete Praxis.
„NGO sollen darüber entscheiden, wer in den Genuss von Förderung kommt“
Auch mit einem neuen Gesetz fällen nicht NGO Förderentscheidungen, sondern die zuständige Bundesverwaltung auf der Basis von transparenten Förderrichtlinien. In diesen sind schon jetzt konkrete Anforderungen an die Träger formuliert, die zu erfüllen sind: Gemeinnützigkeit, Mittelverwendung, Nachweispflichten u.v.m. werden dort geregelt. Das ist sinnvoll und wird von den Trägern begrüßt – denn die Verwendung öffentlicher Mittel muss natürlich geprüft und nachgewiesen werden. Schon jetzt bedeutet das einen großen bürokratischen Aufwand von Interessenbekundungsverfahren über jährliche umfangreiche Projektanträge und regelmäßige Trägergespräche bis zu Zwischenberichten und ausführlichen Verwendungsnachweisen. Die Erzählung, es könnten sich hier einige wenige Träger ohne Regeln frei am Geld bedienen, ist klar als extrem rechte Desinformation zu benennen.
„Es ist nicht die Aufgabe des freiheitlichen Rechtsstaats, die Gesellschaft nach seinen Vorstellungen zu gestalten“
Das stimmt. Aber der freiheitliche Rechtsstaat ist nicht neutral, er fußt auf den zentralen Grundprinzipien der freiheitlich demokratischen Grundordnung: Menschenwürde, Demokratieprinzip und Rechtsstaatsprinzip. Im ersten Prinzip ist die elementare Rechtsgleichheit angelegt sowie die Wahrung der persönlichen Identität, im zweiten Prinzip die Möglichkeit gleichberechtigter Teilhabe aller Bürger*innen am Prozess der politischen Willensbildung. Damit kann und muss der Staat z.B. eingreifen, wenn die Teilhabe marginalisierter Gruppen nicht gegeben ist, die Demokratie angegriffen oder Hass verbreitet wird.