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Pressemitteilung | 02/2022

Handreichung: Was tun bei rechten Inhalten in Klassenchats?

Bundesverband Mobile Beratung

Dresden, 13. Februar 2022

„Neuntklässler verschicken Nazi-Symbole via WhatsApp“, „Verschwörungsmythen im Kinder-Chat“: Rechte, rassistische und antisemitische Inhalte in Klassenchats sorgen immer wieder für Schlagzeilen – und lassen Lehrkräfte, Eltern und Schüler*innen oft ratlos zurück. Der Bundesverband Mobile Beratung (BMB) hat nun eine Handreichung zum Thema veröffentlicht, mit konkreten Empfehlungen, Methoden und juristischen Hinweisen.

Zu den Empfehlungen zählt:

  • Schulen sollten Personen benennen, an die sich Schüler*innen und Eltern vertrauensvoll wenden können, wenn sie rechte Chatnachrichten melden wollen. Das können Vertrauenslehrer*innen oder Schulsozialarbeiter*innen sein.
  • Wenn Lehrkräfte von problematischen Inhalten erfahren, sollten sie frühzeitig eingreifen, sagt BMB-Sprecher Dominik Schumacher: „Viele Lehrer*innen denken, Klassenchats seien Privatsache der Schüler*innen. Wenn dort aber menschenverachtende Äußerungen geteilt oder Einzelne ausgegrenzt werden, beeinflusst es das Klassenklima und liegt damit auch im Verantwortungsbereich der Schule.“
  • Eingreifen heißt, mit allen Beteiligten über den Vorfall zu sprechen: den Eltern, den Schüler*innen und anderen Lehrer*innen der Klasse. Ziel des Gesprächs sollte sein, Grenzen aufzuzeigen, Solidarität und Zivilcourage zu stärken sowie gemeinsam Absprachen für den zukünftigen Umgang miteinander zu erarbeiten. Dabei sollten alle Schüler*innen einbezogen werden, allen voran die (potenziell) Betroffenen. „Die Perspektiven von betroffenen Schüler*innen kommen oft zu kurz, obwohl sie für eine demokratische Schulkultur unverzichtbar sind“, so Schumacher.

Zur Handreichung „Was machen wir denn jetzt?!

Pressekontakt:

Jennifer Pross
pross@bundesverband-mobile-beratung.de
0157 80588115

Pressemitteilung | 11/2021

Koalitionsvertrag: Ein starkes Signal gegen Rechtsextremismus, aber mit Schwachstellen

Bundesverband Mobile Beratung

Dresden, 25. November 2021

Nach knapp zwei Monaten Verhandlung haben SPD, Bündnis 90/Die Grünen und FDP ihren Koalitionsvertrag vorgelegt. Darin finden sich viele wirksame Maßnahmen gegen Rechtsextremismus, Rassismus und Antisemitismus, begrüßt der Bundesverband Mobile Beratung (BMB). Aber es gibt auch Schwachstellen.

Erfreulich ist, dass die Ampel-Koalition Rechtsextremismus als das beschreibt, was er ist: die größte Bedrohung unserer Demokratie. So eindeutig stand das bislang in keinem Koalitionsvertrag. Auch die angekündigten Maßnahmen sind vielversprechend: Die Parteien wollen eine Strategie für gesellschaftlichen Zusammenhalt, Demokratieförderung und Extremismusprävention entwickeln. Sie wollen das Gemeinnützigkeitsrecht reformieren. Und sie wollen bis 2023 ein Demokratiefördergesetz zur Stärkung der Zivilgesellschaft auf den Weg bringen. „Wir finden im Koalitionsvertrag viele unserer Forderungen wieder. Das ist ein starkes Signal an alle, die sich tagtäglich für die Demokratie und gegen Rechts einsetzen“, sagt Heiko Klare, Sprecher des BMB.

Ernüchternd sind dagegen vor allem drei Punkte: Erstens erwähnt die Koalition an keiner Stelle die NSU-Untersuchungsausschüsse und die dort formulierten Empfehlungen, die dringend vollständig umgesetzt werden müssen. Zweitens: Die Koalition kündigt zwar an, die polizeiliche Aus- und Fortbildung weiterzuentwickeln. Das kann aber nur unter Beteiligung zivilgesellschaftlicher Expert*innen nachhaltig sein, was im Koalitionsvertrag keine Erwähnung findet. Drittens betonen die Parteien, dass geförderte Demokratieprojekte „auf dem Boden der freiheitlichen demokratischen Grundordnung stehen müssen“. Das lässt vermuten, dass sie den Projekten ein entsprechendes Bekenntnis abverlangen wollen. „Vor der Wahl hatten sich SPD und Grüne explizit gegen eine Extremismusklausel ausgesprochen“, so Heiko Klare. „Nun klingt es so, als würden sie die Klausel gutheißen. Damit laufen sie Gefahr, diejenigen zu schwächen, die sie eigentlich stärken wollen.“

Zudem sind viele Maßnahmen im Koalitionsvertrag schwammig formuliert. So bleibt unklar, wie genau das angekündigte Demokratiefördergesetz aussehen soll. Zivilgesellschaftliche Akteur*innen wie die Mobile Beratung können hierzu konkrete Vorschläge unterbreiten. Es ist daher unverzichtbar, dass sie in den Gesetzgebungsprozess eingebunden werden – und zwar von Anfang an.

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Jennifer Pross
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Pressemitteilung | 10/2021

Policy Paper zur Bundestagswahl: Kein Grund zur Entwarnung – Zivilgesellschaft bleibt gefordert

Bundesverband Mobile Beratung

Dresden, 07. Oktober 2021

Rechte und rechtsoffene Parteien mussten bei der Bundestagswahl Verluste einfahren. Grund zur Entwarnung ist das jedoch nicht, schreibt der Bundesverband Mobile Beratung (BMB) in einem neuen Policy Paper. Im Gegenteil: Die demokratische Zivilgesellschaft wird auch in den nächsten vier Jahren stark gefordert sein.

Das Papier beruht auf den Analysen von Mobilen Beratungsteams gegen Rechtsextremismus in allen 16 Bundesländern. Sie zeigen: Die AfD kann vielerorts auf ein stabiles Stammwähler*innen-Potenzial zurückgreifen – nicht nur im Osten. Sie wird ihren Funktionärsapparat ausbauen und sich weiter professionalisieren können. Und sie könnte Gelder aus dem Bundeshaushalt erhalten, um die ihr nahestehende „Desiderius-Erasmus-Stiftung“ zu finanzieren – voraussichtlich in Millionenhöhe.

Für die demokratische Zivilgesellschaft bedeutet das vor allem eins: vier weitere Jahre Druck von rechts, vier weitere Jahre Anfeindungen und parlamentarische Anfragen. „Verglichen zu 2017 sind die Engagierten zwar routinierter im Umgang mit der AfD“, sagt Heiko Klare, Sprecher des BMB. „Aber es gibt weiterhin große Unsicherheiten. Das spüren wir in unserer täglichen Arbeit: Der Beratungsbedarf ist hoch und dürfte weiter steigen, gerade auch zum Umgang mit Verschwörungsmythen.“

Um diesem Bedarf gerecht werden zu können, brauchen die Mobilen Beratungsteams finanzielle Sicherheit. Die nächste Bundesregierung muss daher schnellstmöglich ein Demokratiefördergesetz auf den Weg bringen, fordert der Bundesverband. Im täglichen Umgang mit rechten Diskursen sind aber alle gefragt: „Vor allem Menschen in Schlüsselpositionen – egal ob Politiker*innen oder Vorgesetzte – müssen sich gegen rechte Anfeindungen positionieren“, so Klare. „Das stärkt Betroffenen den Rücken und unterstützt all diejenigen, die wir vor Ort beraten und die sich tagtäglich für die Demokratie einsetzen.“

Zum Policy Paper „Wie rechte und rechtsoffene Parteien abgeschnitten haben – und was das für die
Zivilgesellschaft bedeutet“

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Jennifer Pross
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Pressemitteilung | 09/2021

Wahlprüfsteine – Wie stehen die Parteien zum Demokratiefördergesetz?

Bundesverband Mobile Beratung

Dresden, 21. September 2021

Eigentlich sollte es schon in dieser Legislatur kommen, doch dann ist es gescheitert: das Demokratiefördergesetz, das Demokratieprojekte finanziell absichern sollte. Wie stehen die Chancen für das Gesetz nach der Bundestagswahl? Welche Parteien wollen es auf den Weg bringen – und wie? Der Bundesverband Mobile Beratung (BMB) hat dazu im Juli Wahlprüfsteine an die im Bundestag vertretenen demokratischen Parteien Bündnis 90/Die Grünen, CDU/CSU, Die Linke, FDP und SPD geschickt. Nun liegen die Antworten vor.

Darin sprechen sich Grüne, Linke und SPD für ein Demokratiefördergesetz aus. CDU/CSU sind dagegen: Das Parlament müsse sich „die Entscheidung vorbehalten, im Einzelfall bestimmte Maßnahmen fördern oder auch nicht fördern zu können“, so die Union. Die FDP fordert zwar, Projekte „auf eine verlässliche finanzielle Grundlage“ zu stellen, von einem Gesetz ist aber nicht die Rede.

Was die zu fördernden Strukturen betrifft, betonen Grüne, Linke und SPD, dass nicht nur Einzelprojekte vom Gesetz profitieren sollen, sondern auch Dachverbände wie der BMB. Die SPD schreibt, sie wolle mit dem Gesetz „einen neuen Weg der Unterstützung gehen (…): eine dauerhafte Finanzierung für Langfristprojekte, einen Projektetopf für Einzelprojekte und eine Möglichkeit, entstandene oder entstehende Strukturen zu fördern“. Am Gesetzgebungsverfahren wollen die drei Parteien zivilgesellschaftliche Akteur*innen beteiligen. Die Grünen etwa planen ein „Forum für einen transparenten Konsultationsprozess“, um zivilgesellschaftliche Organisationen „dauerhaft“ einzubeziehen.

Der BMB wollte auch wissen, wie die Parteien zur sogenannten Extremismusklausel stehen. Demnach müssen sich Demokratieprojekte zur freiheitlich-demokratischen Grundordnung bekennen, um Fördermittel zu erhalten. Grüne, Linke und SPD lehnen die Klausel ab. CDU/CSU sprechen sich dafür aus. Laut FDP muss der Staat sicherstellen, dass Zuwendungsempfänger „auf dem Boden der freiheitlich-demokratischen Grundordnung stehen“. Wie das sichergestellt werden soll, bleibt unklar.

Die vollständigen Antworten auf alle Wahlprüfsteine finden Sie hier.

Der BMB selbst fordert: Die künftige Bundesregierung muss schnellstmöglich nach der Wahl ein Demokratiefördergesetz auf den Weg bringen – allerdings ohne „Extremismusklausel“ und mit festen Formaten, um die Zivilgesellschaft am Verfahren zu beteiligen. Zudem muss sie weitere Maßnahmen ergreifen, um zivilgesellschaftliche Akteur*innen zu stärken. Dazu gehören etwa Reformen im Gemeinnützigkeitsrecht, die Vereinen auch für politische Arbeit Rechtssicherheit geben. Alle sieben Forderungen zur Bundestagswahl finden Sie hier.

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Jennifer Pross
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Pressemitteilung | 09/2021

„Die Lage bleibt ernst.“ – 7 Forderungen zur Bundestagswahl

Bundesverband Mobile Beratung

Dresden, 07. September 2021

Am 26. September wird ein neuer Bundestag gewählt. In einem Forderungspapier ruft der Bundesverband Mobile Beratung (BMB) die neue Bundesregierung dazu auf, wirksame Maßnahmen gegen Rechtsextremismus, Rassismus und Antisemitismus zu ergreifen. Denn die Anschläge von Halle und Hanau sowie die rechtsoffenen Corona-Proteste haben gezeigt: Die Lage bleibt ernst. Sie ist sogar ernster geworden.

„Als Erstes muss die neue Bundesregierung eine Gesamtstrategie erarbeiten“, sagt Grit Hanneforth, Geschäftsführerin und Sprecherin des BMB. „Der Kabinettausschuss zur Bekämpfung von Rechtsextremismus und Rassismus hat zwar ein umfangreiches Maßnahmenpaket vorgelegt. Aber es fehlt ein übergeordnetes Konzept, das sicherstellt, dass alle Ressorts an einem Strang ziehen.“ Der BMB fordert daher auch, ein Bundesministerium für Demokratie und gesellschaftlichen Zusammenhalt einzurichten, das alle Maßnahmen bündelt und koordiniert.

Zweitens muss die neue Bundesregierung alles daran setzen, die Zivilgesellschaft zu stärken. „Es sind Vereine, Bündnisse und Initiativen, die sich tagtäglich für die Demokratie einsetzen. Ohne ihr Engagement kann der Kampf gegen Rechts nicht gelingen“, so Hanneforth. Für die neue Bundesregierung heißt das: Sie muss zivilgesellschaftliche Akteur*innen in alle Gesetzgebungsprozesse zu Rechtsextremismus, Rassismus und Antisemitismus einbeziehen. Sie muss das Gemeinnützigkeitsrecht reformieren, damit Vereine auch für politische Arbeit Rechtssicherheit erhalten. Und sie muss ein Demokratiefördergesetz beschließen, das Projekten endlich eine langfristige Perspektive gibt. Dabei sollte sie jedoch auf das verzichten, was die Große Koalition zuletzt angekündigt hat: eine Neuauflage der sogenannten Extremismusklausel. „Die Klausel stellt Demokratieprojekte unter Generalverdacht und wurde 2014 abgeschafft. Sie wiedereinzuführen, wäre ein fatales Signal an alle Engagierten“, betont Hanneforth.

Alle sieben Forderungen zur Bundestagswahl finden Sie hier.

Zudem hat der BMB kürzlich einen Forderungskatalog der „Bundeskonferenz der Migrantenorganisationen mitgezeichnet. Darin fordern mehrere zivilgesellschaftliche Organisationen strukturelle Veränderungen, um Rassismus und andere Formen von Diskriminierung zu bekämpfen – etwa durch die Einrichtung unabhängiger Beschwerdestellen in Verwaltungen und Sicherheitsbehörden.

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Jennifer Pross
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Pressemitteilung | 06/2021

Betroffene von Neonazi-Feindeslisten bleiben ungeschützt – BMB und VBRG kritisieren beschlossenes Gesetz

Bundesverband Mobile Beratung, VBRG

Berlin, 25. Juni 2021

Der Bundestag hat in der Nacht vom 24./25. Juni 2021 ein Gesetz (19/28678, 19/31115) verabschiedet, das unter anderem den Schutz gegen rechte „Feindeslisten“ verbessern soll – mit dem neuen Paragrafen 126a StGB, der das Verbreiten solcher Listen künftig unter Strafe stellen soll. Doch beim Schutz der Betroffenen bleiben gravierende Lücken, kritisieren der Bundesverband Mobile Beratung (BMB) und der Verband der Beratungsstellen für Betroffene rechter, rassistischer und antisemitischer Gewalt (VBRG).

„Das Gesetz zielt allein auf die Bestrafung der Täter*innen und wird nichts an den Problemen ändern, mit denen Betroffene rechter Feindeslisten konfrontiert sind“, sagt Robert Kusche, Geschäftsführer der Opferberatung SUPPORT der RAA Sachsen und Vorstandsmitglied des VBRG. Nach wie vor werden Strafverfolgungsbehörden nicht verpflichtet, Betroffene zu informieren, dass und in welchem Umfang Neonazis oder Coronaleugner*innen ihre persönlichen Daten in „Feindeslisten“ sammeln. „Ohne Akteneinsichtsrechte und umfangreiche Informationen ist es den Betroffenen nicht möglich, das Risiko selbst einzuschätzen. Das verunsichert und lässt die Menschen schutzlos zurück“, betont Bianca Klose, Leiterin der Mobilen Beratung gegen Rechtsextremismus Berlin (MBR) und Vorstandsmitglied des BMB.

Die beiden Bundesverbände fordern daher von den Innenminister*innen der Länder und des Bundes konkrete Maßnahmen, um den Schutz der Betroffenen deutlich zu verbessern:

  • Personen, deren persönliche Daten auf rechten „Feindeslisten“ stehen, müssen sofort und vollumfänglich durch die Strafverfolgungsbehörden darüber informiert werden, welche Daten von ihnen gesammelt und wo sie verbreitet wurden. Nur so können die Betroffenen ihre Gefährdung objektiv einschätzen und selbst entscheiden, welche Schutzmaßnahmen sie ergreifen wollen.
  • Betroffene müssen an die fachspezifischen, unabhängigen Beratungsstellen vermittelt werden. Nicht zuletzt aufgrund der zahlreichen Fälle von Rechtsextremismus in den Strafverfolgungsbehörden ist dieser Verweis zwingend notwendig.
  • Strafverfolgungsbehörden müssen von Amts wegen eine Auskunftssperre im Melderegister veranlassen, wenn „Feindeslisten“ etwa bei Durchsuchungen gefunden werden. Dieses Vorgehen zum Schutz von Betroffenen sieht § 51 Bundesmeldegesetz zwar ohnehin vor, wird aber in der Praxis nur selten umgesetzt. Meist müssen Betroffene auf eigene Initiative einen Antrag stellen und dafür glaubhaft machen, dass sie gefährdet sind – was schwierig ist, wenn die Behörden eine konkrete Gefährdung verneinen.

„Für wirksame Maßnahmen zum Schutz der Betroffenen braucht es keine Änderungen des Strafgesetzbuchs“, sagt Bianca Klose. „Vielmehr müssen die bestehenden gesetzlichen Möglichkeiten etwa aus dem Bundesmeldegesetz konsequent angewandt und verbindliche Regelungen etwa zur Informationspflicht eingeführt werden – und zwar bundesweit.“

Eine ausführliche Stellungnahme zum Entwurf des Gesetzes haben die Bundesverbände VBRG und BMB im Februar 2021 veröffentlicht. Auf der Website des VBRG finden Betroffene von „Feindeslisten“ u.a. Praxistipps zur Sperrung von Meldeadressen.

Pressekontakt:

VBRG: Robert Kusche, Mitglied im Vorstand des VBRG e.V. und Geschäftsführer der Opferberatung SUPPORT der RAA Sachsen e.V. / robert.kusche@raa-sachsen.de
BMB: Jennifer Pross, Fachreferentin Grundsatz und Kommunikation beim BMB / pross@bundesverband-mobile-beratung.de

Pressemitteilung | 04/2021

„Bedroht zu werden, gehört nicht zum Mandat“: VBRG und BMB veröffentlichen Ratgeber für Kommunalpolitik und -verwaltung

Bundesverband Mobile Beratung, VBRG

Berlin, 20. April 2021

Morddrohungen per E-Mail, Facebook und Twitter oder als Graffiti an der Hauswand, rassistische und antisemitische Bedrohungen, zerschnittene Autoreifen: Viele kommunalpolitisch Engagierte und Mitarbeiter*innen in Verwaltungen erleben in der Pandemie eine Zuspitzung von rechten Angriffen und Drohungen.

Doch ins Blickfeld der Öffentlichkeit geraten die Anfeindungen oftmals erst, wenn sich die Angegriffenen – wie zuletzt der Grünen-Politiker Tareq Alaows – aus ihren Positionen oder Ämtern zurückziehen. Oder wenn Mitarbeiter*innen von Verwaltungen bei anhaltenden Drohungen beispielsweise aus der Reichsbürger-Szene oder von Coronaleugner*innen unter Polizeischutz arbeiten müssen.

Der Bundesverband Mobile Beratung (BMB) und der Verband der Beratungsstellen für Betroffene rechter, rassistischer und antisemitischer Gewalt (VBRG) haben jetzt einen aktuellen 45-seitigen Ratgeber für kommunalpolitisch Engagierte veröffentlicht. Die Veröffentlichung richtet sich mit praktischen Handlungsmöglichkeiten sowohl an direkt Betroffene sowie deren Familie und Freund*innen als auch an Vorgesetzte und Verantwortungsträger*innen in Kommunen und demokratischen Parteien. „Mit dem Ratgeber wollen wir allen, die ehrenamtlich oder hauptamtlich in der Kommunalpolitik aktiv sind oder in Verwaltungen arbeiten, einen praktischen Wegweiser an die Hand geben“, betonen Bianca Klose (BMB e.V.) und Robert Kusche (VBRG e.V.). „Denn nur, wenn die Betroffenen nicht alleine gelassen werden und effektive Unterstützung erfahren, erhält Kommunalpolitik als wichtiges Feld zivilgesellschaftlichen Engagements und demokratischen Zusammenhalts den notwendigen Schutz.“

Der Ratgeber steht auf den Websites des BMB und VBRG zum Download zur Verfügung.

Pressekontakt:

BMB: Jennifer Pross / pross@bundesverband-mobile-beratung.de
VBRG: Robert Kusche / robert.kusche@raa-sachsen.de

Pressemitteilung | 11/2020

Bundesverband begrüßt Schritte des Kabinettsausschusses – jetzt braucht es konkrete Planungen statt Ankündigungen

Bundesverband Mobile Beratung

Berlin/Dresden, 26. November 2020

Mit den gestern in der dritten Sitzung des Kabinettsausschusses gegen Rechtsextremismus und Rassismus vorgelegten 89 Maßnahmen liegt der Bundesregierung nun ein umfangreicher Katalog zu Abstimmung vor. Der Bundesverband Mobile Beratung e.V. (BMB) sieht wichtige Schritte, kritisiert aber das Fehlen einer Gesamtstrategie.

„Wir freuen uns, dass einige der zentralen Forderungen der Zivilgesellschaft aufgenommen wurden. Wir sehen aber vor allem Einzelmaßnahmen und keine nachhaltige Strategie, die über die Zuständigkeiten der Ministerien hinaus geht“, erklärt Anne Mehrer, Sprecherin des BMB. Die Einzelmaßnahmen beinhalten Schritte in die richtige Richtung, die der Bundesverband und die Mobilen Beratungsteams ausdrücklich begrüßen: „Jetzt kommt es darauf an, die Maßnahmen konkret umzusetzen und dabei die Zivilgesellschaft und die Betroffenen verstärkt einzubeziehen, damit zum Ende der Legislaturperiode Ergebnisse vorliegen.“

Mit den angekündigten Eckpunkten für eine gesetzliche Grundlage der Förderung geht der Ausschuss einen wichtigen Schritt in Richtung eines Demokratiefördergesetzes. „Für die Einführung des Demokratiefördergesetzes ist es wichtig, dass damit keine Doppelstrukturen oder ‚Leuchttürme‘ aufgebaut werden, sondern gerade die seit 20 Jahren etablierten Strukturen der Opferberatung und Mobilen Beratung gegen Rechtsextremismus abgesichert werden – damit Betroffene und Engagierte weiterhin professionelle Unterstützung bekommen“, erklärt Heiko Klare, Sprecher des BMB. „Wir sehen, dass unsere Fachexpertise – von der Unterstützung der Zivilgesellschaft im ländlichen Raum, der Fort- und Weiterbildung im Themenfeld Rechtsextremismus und Rassismus bis zu Dialogformaten zwischen Zivilgesellschaft und Polizei – in den Maßnahmen abgebildet sind, und sind gern bereit, an der Umsetzung mitzuarbeiten.“

Der Verband, der bundesweit 50 Beratungsstellen gegen Rechtsextremismus vertritt, sieht in den kommenden Wochen daher drei zentrale Punkte für die Umsetzung der Beschlüsse:

  • Das angekündigte Gesetz zur „wehrhaften Demokratie“ muss einen starken Fokus auf die demokratische Zivilgesellschaft setzen – denn die Unterstützung von Betroffenen und Engagierten sowie die Arbeit für demokratische Kultur ist keine „Ordnungspolitik mit anderen Mitteln“. Dazu braucht es eine stärkere Teilhabe von zivilgesellschaftlichen Akteuren, geförderten Projekten und vor allem Migrant*innenorganisationen.
  • Die Ausweitung der Förderung und der Umbau der Förderprogramme darf nicht zu Doppelstrukturen und Konkurrenzen führen. Im Sinne der Beratungsnehmenden braucht es verlässliche Partner vor Ort. Mobile Beratungsteams gegen Rechtsextremismus arbeiten gemeinsam mit Opfer-/Betroffenenberatungen in den Kommunen und ergänzen einander. Die Strukturen in den Ländern und die beiden Dachverbände müssen daher weiterhin unterstützt und benannt werden.
  • Es braucht weiterhin eine Gesamtstrategie, die über die nächste Bundestagswahl hinaus wirksam ist. Hier sind die nun bekannt gewordenen Maßnahmen ein wichtiger Schritt. Sie müssen aber konkretisiert und dauerhaft strategisch begleitet werden. Dazu gehört auch die Änderung des Gemeinnützigkeitsrechts bzw. der Abgabenordnung, damit der Einsatz für die Demokratie gemeinnützig bleibt.

Kontakt:

Heiko Klare
0152 01414494
klare@bundesverband-mobile-beratung.de

Pressemitteilung | 10/2020

Demokratiefördergesetz erneut gescheitert: Mobile Beratung eine der zentral betroffenen Förderstrukturen

Bundesverband Mobile Beratung

Dresden, 23. Oktober 2020

Laut Medienberichten soll es in dieser Legislatur kein „Demokratiefördergesetz“ geben. Dabei hätte ein Gesetz die Chance geboten, demokratisches Engagement nachhaltig zu stärken, kritisiert der Bundesverband Mobile Beratung (BMB): „Die langfristige Planung von professioneller Arbeit gegen Rechtsextremismus, Rassismus und Antisemitismus bleibt damit unmöglich“, so Dominik Schumacher, Sprecher des BMB.

Die Mobile Beratung gegen Rechtsextremismus berät, begleitet und unterstützt in allen 16 Bundesländern Einzelpersonen und Organisationen, die sich für die Demokratie und gegen Rechtsextremismus einsetzen. Sie hat sich in den vergangenen 30 Jahren zum nachhaltigsten Präventions- und Interventionsansatz gegen Rechtsextremismus entwickelt und ist für viele zivilgesellschaftliche Akteure sowie für Politik und Verwaltung zu einem unersetzlichen Partner geworden.

Die Qualität der Beratungsarbeit wird jedoch durch die aktuellen Förderstrukturen ununterbrochen torpediert:

  • Aufgrund von Jahresverträgen haben die Berater*innen eine mehr als mangelhafte persönliche Perspektive. Das Ergebnis ist ein dauerhafter Braindrain: Viele Angestellte verlassen nach 5 bis 10 Jahren das Berufsfeld.
  • Statt dringend hilfebedürftige Menschen und Organisationen zu beraten, müssen Berater*innen jedes Jahr aufs Neue Fördermittelanträge schreiben – und verbringen ihre ohnehin knappe Arbeitszeit damit, ihren eigenen Arbeitsplatz für ein weiteres Jahr zu sichern.
  • Alle geförderten Strukturen unterliegen Fördermittellogiken, die sich – je nach politischer Mode – ständig verändern. Das führt dazu, dass gut funktionierende Projekte plötzlich nicht mehr gefördert werden und Berater*innen stattdessen das nächste kurzlebige Leuchtturmprojekt durchführen müssen.
  • Alle geförderten Strukturen sind abhängig „von der Hand, die sie füttert“. Das ist für die Mobile Beratung, die gerade durch ihre Unabhängigkeit Vertrauen zu den Beratungssuchenden aufbaut, katastrophal. Zudem hat die Abhängigkeit in jüngerer Vergangenheit dazu geführt, dass Handreichungen zur AfD aus Angst vor politischen Konsequenzen nicht gefördert wurden, obwohl kommunale Akteure dringend darauf angewiesen waren.

Ein Demokratiefördergesetz hätte mit all dem Schluss gemacht

Mit einem Demokratiefördergesetz hätte die Große Koalition diese prekäre Förderstruktur nachhaltig verbessern und damit sowohl den Trägern und Berater*innen als auch den Beratungssuchenden Sicherheit und Perspektive geben können. „Ansätze wie die der Mobilen Beratung schaffen nachhaltige demokratische Strukturen und entziehen damit auf lokaler Ebene rechtsextremen Akteuren den Nährboden. Dass diese Arbeit nicht gesetzlich gesichert wird, sondern bedroht bleibt, ist gerade nach den Ereignissen von Hanau und Halle ein Skandal“, so Dominik Schumacher, Sprecher des BMB.

Kontakt für Presseanfragen:

Dominik Schumacher, Sprecher des BMB
schumacher@bundesverband-mobile-beratung.de
0159 0682 3394

Pressemitteilung | 08/2020

Was wir brauchen: Eine Agenda gegen Rassismus, Antisemitismus und Rechtsextremismus – und keine Sonntagsreden

Bundesverband Mobile Beratung, EOTO, ndo, VBRG

Berlin, 19. August 2020

Gemeinsame Stellungnahme vom Verband der Beratungsstellen für Betroffene rechter, rassistischer und antisemitischer Gewalt (VBRG), Each One Teach One (EOTO), den neue deutsche organisationen (ndo) und dem Bundesverband Mobile Beratung (BMB) anlässlich der Anhörungen von Zivilgesellschaft und Wissenschaft des Kabinettsausschusses zur Bekämpfung von Rassismus und Rechtsextremismus.

Bereits im Herbst 2020 soll laut Bundesinnenminister Horst Seehofer der Kabinettsausschuss zur Bekämpfung von Rassismus und Rechtsextremismus ein Maßnahmenpaket vorlegen. Dafür sind aktuell knapp 50 Vereine, Verbände und Initiativen der Zivilgesellschaft eingeladen, am 20.8.2020 in Berlin ihre Forderungen und Analysen vorzutragen. Wir teilen die Sorge vieler Betroffenen-Initiativen und Migrant*innenorganisationen, dass am Ende einmal mehr Symbolpolitik ohne konkrete Wirkung präsentiert wird.

Das geplante Maßnahmenpaket des Kabinettsausschusses muss tatsächliche Fortschritte bei der Auseinandersetzung mit Rassismus, mit rassistischer, antisemitischer und rechter Gewalt und Terror und mit Polizeigewalt ermöglichen. Dafür erwarten wir als bundesweite Vereinigungen folgende fünf Beschlüsse vom Kabinettsausschuss:

  • Das Bundeskabinett einigt sich auf eine einheitliche und bundesweit verbindliche Arbeitsdefinition von institutionellem und strukturellem Rassismus. Als Orientierung dient die Definition der Rassismus-Enquete-Kommission des Thüringer Landtags. Diese Definition ist Ausgangspunkt für Fortbildungen, Studien, etc. in den Bereichen Polizei, Justiz, Bildung etc.
  • Das Bundeskabinett beschließt eine Erweiterung des Opferschutzes im Aufenthaltsgesetz und stellt sich damit den politischen Zielen der Rechtsextremen entgegen. Es setzt ein eindeutiges Signal, in dem es ein Gesetzesvorhaben für ein humanitäres Bleiberecht für Betroffene rassistischer Gewalt ohne festen Aufenthaltsstatus hervorbringt – durch eine Erweiterung von §25AufenthG um Absatz 4c. Es kann nicht sein, dass Täter*innen profitieren, weil abgeschobene Opfer nicht mehr als Zeug*innen in Strafverfahren aussagen können.
  • Das Bundeskabinett einigt sich auf eine Studie zu Racial Profiling und Rassismus bei den Polizeibehörden des Bundes und der Länder und ermöglicht damit, das Ausmaß des Problems zu vermessen sowie wirksame Gegenmaßnahmen einzuleiten.
  • Das Bundeskabinett einigt sich auf eine Ausweitung der Entschädigungsleistungen für Betroffene von rassistisch, antisemitisch und rechtsextrem motivierten schweren Sachbeschädigungen und Brandanschlägen durch das Bundesamt für Justiz. Die Angegriffenen stehen nach den Anschlägen auf Restaurants, Lebensmittelgeschäfte, Shisha-Bars oder Imbisse – wie etwa in Chemnitz, Halle, Hanau und Berlin – buchstäblich vor den Trümmern ihrer Existenz. Bisher gibt es keine Entschädigungsansprüche für zerstörtes Inventar, Renovierungskosten, Sicherungsmaßnahmen oder existenzbedrohende Einnahmeverluste in Folge von Anschlägen.
  • Das Bundeskabinett einigt sich auf eine grundlegende Reform des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG) und führt ein Verbandsklagerecht ein. Wir fordern einen Diskriminierungsschutz, der neben dem privatrechtlichen Bereich (AGG) auch staatliches Handeln einbezieht. Hier fordern wir ein Bundesantidiskriminierungsgesetz (BADG) zum Schutz vor Diskriminierung durch staatliche Stellen. Außerdem braucht es auf Landesebene bundesweit Landesantidiskriminierungsgesetze (LADG).

Pressekontakt:

VBRG: info@verband-brg.de
EOTO: pr@eoto-archiv.de
BMB: kontakt@bundesverband-mobile-beratung.de
ndo: medien@neue-deutsche-organisationen.de

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