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Pressemitteilung | 09/2021

„Die Lage bleibt ernst.“ – 7 Forderungen zur Bundestagswahl

Bundesverband Mobile Beratung

Dresden, 07. September 2021

Am 26. September wird ein neuer Bundestag gewählt. In einem Forderungspapier ruft der Bundesverband Mobile Beratung (BMB) die neue Bundesregierung dazu auf, wirksame Maßnahmen gegen Rechtsextremismus, Rassismus und Antisemitismus zu ergreifen. Denn die Anschläge von Halle und Hanau sowie die rechtsoffenen Corona-Proteste haben gezeigt: Die Lage bleibt ernst. Sie ist sogar ernster geworden.

„Als Erstes muss die neue Bundesregierung eine Gesamtstrategie erarbeiten“, sagt Grit Hanneforth, Geschäftsführerin und Sprecherin des BMB. „Der Kabinettausschuss zur Bekämpfung von Rechtsextremismus und Rassismus hat zwar ein umfangreiches Maßnahmenpaket vorgelegt. Aber es fehlt ein übergeordnetes Konzept, das sicherstellt, dass alle Ressorts an einem Strang ziehen.“ Der BMB fordert daher auch, ein Bundesministerium für Demokratie und gesellschaftlichen Zusammenhalt einzurichten, das alle Maßnahmen bündelt und koordiniert.

Zweitens muss die neue Bundesregierung alles daran setzen, die Zivilgesellschaft zu stärken. „Es sind Vereine, Bündnisse und Initiativen, die sich tagtäglich für die Demokratie einsetzen. Ohne ihr Engagement kann der Kampf gegen Rechts nicht gelingen“, so Hanneforth. Für die neue Bundesregierung heißt das: Sie muss zivilgesellschaftliche Akteur*innen in alle Gesetzgebungsprozesse zu Rechtsextremismus, Rassismus und Antisemitismus einbeziehen. Sie muss das Gemeinnützigkeitsrecht reformieren, damit Vereine auch für politische Arbeit Rechtssicherheit erhalten. Und sie muss ein Demokratiefördergesetz beschließen, das Projekten endlich eine langfristige Perspektive gibt. Dabei sollte sie jedoch auf das verzichten, was die Große Koalition zuletzt angekündigt hat: eine Neuauflage der sogenannten Extremismusklausel. „Die Klausel stellt Demokratieprojekte unter Generalverdacht und wurde 2014 abgeschafft. Sie wiedereinzuführen, wäre ein fatales Signal an alle Engagierten“, betont Hanneforth.

Alle sieben Forderungen zur Bundestagswahl finden Sie hier.

Zudem hat der BMB kürzlich einen Forderungskatalog der „Bundeskonferenz der Migrantenorganisationen mitgezeichnet. Darin fordern mehrere zivilgesellschaftliche Organisationen strukturelle Veränderungen, um Rassismus und andere Formen von Diskriminierung zu bekämpfen – etwa durch die Einrichtung unabhängiger Beschwerdestellen in Verwaltungen und Sicherheitsbehörden.

Pressekontakt:

Jennifer Pross
pross@bundesverband-mobile-beratung.de
0157 80588115

Pressemitteilung | 06/2021

Betroffene von Neonazi-Feindeslisten bleiben ungeschützt – BMB und VBRG kritisieren beschlossenes Gesetz

Bundesverband Mobile Beratung, VBRG

Berlin, 25. Juni 2021

Der Bundestag hat in der Nacht vom 24./25. Juni 2021 ein Gesetz (19/28678, 19/31115) verabschiedet, das unter anderem den Schutz gegen rechte „Feindeslisten“ verbessern soll – mit dem neuen Paragrafen 126a StGB, der das Verbreiten solcher Listen künftig unter Strafe stellen soll. Doch beim Schutz der Betroffenen bleiben gravierende Lücken, kritisieren der Bundesverband Mobile Beratung (BMB) und der Verband der Beratungsstellen für Betroffene rechter, rassistischer und antisemitischer Gewalt (VBRG).

„Das Gesetz zielt allein auf die Bestrafung der Täter*innen und wird nichts an den Problemen ändern, mit denen Betroffene rechter Feindeslisten konfrontiert sind“, sagt Robert Kusche, Geschäftsführer der Opferberatung SUPPORT der RAA Sachsen und Vorstandsmitglied des VBRG. Nach wie vor werden Strafverfolgungsbehörden nicht verpflichtet, Betroffene zu informieren, dass und in welchem Umfang Neonazis oder Coronaleugner*innen ihre persönlichen Daten in „Feindeslisten“ sammeln. „Ohne Akteneinsichtsrechte und umfangreiche Informationen ist es den Betroffenen nicht möglich, das Risiko selbst einzuschätzen. Das verunsichert und lässt die Menschen schutzlos zurück“, betont Bianca Klose, Leiterin der Mobilen Beratung gegen Rechtsextremismus Berlin (MBR) und Vorstandsmitglied des BMB.

Die beiden Bundesverbände fordern daher von den Innenminister*innen der Länder und des Bundes konkrete Maßnahmen, um den Schutz der Betroffenen deutlich zu verbessern:

  • Personen, deren persönliche Daten auf rechten „Feindeslisten“ stehen, müssen sofort und vollumfänglich durch die Strafverfolgungsbehörden darüber informiert werden, welche Daten von ihnen gesammelt und wo sie verbreitet wurden. Nur so können die Betroffenen ihre Gefährdung objektiv einschätzen und selbst entscheiden, welche Schutzmaßnahmen sie ergreifen wollen.
  • Betroffene müssen an die fachspezifischen, unabhängigen Beratungsstellen vermittelt werden. Nicht zuletzt aufgrund der zahlreichen Fälle von Rechtsextremismus in den Strafverfolgungsbehörden ist dieser Verweis zwingend notwendig.
  • Strafverfolgungsbehörden müssen von Amts wegen eine Auskunftssperre im Melderegister veranlassen, wenn „Feindeslisten“ etwa bei Durchsuchungen gefunden werden. Dieses Vorgehen zum Schutz von Betroffenen sieht § 51 Bundesmeldegesetz zwar ohnehin vor, wird aber in der Praxis nur selten umgesetzt. Meist müssen Betroffene auf eigene Initiative einen Antrag stellen und dafür glaubhaft machen, dass sie gefährdet sind – was schwierig ist, wenn die Behörden eine konkrete Gefährdung verneinen.

„Für wirksame Maßnahmen zum Schutz der Betroffenen braucht es keine Änderungen des Strafgesetzbuchs“, sagt Bianca Klose. „Vielmehr müssen die bestehenden gesetzlichen Möglichkeiten etwa aus dem Bundesmeldegesetz konsequent angewandt und verbindliche Regelungen etwa zur Informationspflicht eingeführt werden – und zwar bundesweit.“

Eine ausführliche Stellungnahme zum Entwurf des Gesetzes haben die Bundesverbände VBRG und BMB im Februar 2021 veröffentlicht. Auf der Website des VBRG finden Betroffene von „Feindeslisten“ u.a. Praxistipps zur Sperrung von Meldeadressen.

Pressekontakt:

VBRG: Robert Kusche, Mitglied im Vorstand des VBRG e.V. und Geschäftsführer der Opferberatung SUPPORT der RAA Sachsen e.V. / robert.kusche@raa-sachsen.de
BMB: Jennifer Pross, Fachreferentin Grundsatz und Kommunikation beim BMB / pross@bundesverband-mobile-beratung.de

Pressemitteilung | 04/2021

„Bedroht zu werden, gehört nicht zum Mandat“: VBRG und BMB veröffentlichen Ratgeber für Kommunalpolitik und -verwaltung

Bundesverband Mobile Beratung, VBRG

Berlin, 20. April 2021

Morddrohungen per E-Mail, Facebook und Twitter oder als Graffiti an der Hauswand, rassistische und antisemitische Bedrohungen, zerschnittene Autoreifen: Viele kommunalpolitisch Engagierte und Mitarbeiter*innen in Verwaltungen erleben in der Pandemie eine Zuspitzung von rechten Angriffen und Drohungen.

Doch ins Blickfeld der Öffentlichkeit geraten die Anfeindungen oftmals erst, wenn sich die Angegriffenen – wie zuletzt der Grünen-Politiker Tareq Alaows – aus ihren Positionen oder Ämtern zurückziehen. Oder wenn Mitarbeiter*innen von Verwaltungen bei anhaltenden Drohungen beispielsweise aus der Reichsbürger-Szene oder von Coronaleugner*innen unter Polizeischutz arbeiten müssen.

Der Bundesverband Mobile Beratung (BMB) und der Verband der Beratungsstellen für Betroffene rechter, rassistischer und antisemitischer Gewalt (VBRG) haben jetzt einen aktuellen 45-seitigen Ratgeber für kommunalpolitisch Engagierte veröffentlicht. Die Veröffentlichung richtet sich mit praktischen Handlungsmöglichkeiten sowohl an direkt Betroffene sowie deren Familie und Freund*innen als auch an Vorgesetzte und Verantwortungsträger*innen in Kommunen und demokratischen Parteien. „Mit dem Ratgeber wollen wir allen, die ehrenamtlich oder hauptamtlich in der Kommunalpolitik aktiv sind oder in Verwaltungen arbeiten, einen praktischen Wegweiser an die Hand geben“, betonen Bianca Klose (BMB e.V.) und Robert Kusche (VBRG e.V.). „Denn nur, wenn die Betroffenen nicht alleine gelassen werden und effektive Unterstützung erfahren, erhält Kommunalpolitik als wichtiges Feld zivilgesellschaftlichen Engagements und demokratischen Zusammenhalts den notwendigen Schutz.“

Der Ratgeber steht auf den Websites des BMB und VBRG zum Download zur Verfügung.

Pressekontakt:

BMB: Jennifer Pross / pross@bundesverband-mobile-beratung.de
VBRG: Robert Kusche / robert.kusche@raa-sachsen.de

Pressemitteilung | 11/2020

Bundesverband begrüßt Schritte des Kabinettsausschusses – jetzt braucht es konkrete Planungen statt Ankündigungen

Bundesverband Mobile Beratung

Berlin/Dresden, 26. November 2020

Mit den gestern in der dritten Sitzung des Kabinettsausschusses gegen Rechtsextremismus und Rassismus vorgelegten 89 Maßnahmen liegt der Bundesregierung nun ein umfangreicher Katalog zu Abstimmung vor. Der Bundesverband Mobile Beratung e.V. (BMB) sieht wichtige Schritte, kritisiert aber das Fehlen einer Gesamtstrategie.

„Wir freuen uns, dass einige der zentralen Forderungen der Zivilgesellschaft aufgenommen wurden. Wir sehen aber vor allem Einzelmaßnahmen und keine nachhaltige Strategie, die über die Zuständigkeiten der Ministerien hinaus geht“, erklärt Anne Mehrer, Sprecherin des BMB. Die Einzelmaßnahmen beinhalten Schritte in die richtige Richtung, die der Bundesverband und die Mobilen Beratungsteams ausdrücklich begrüßen: „Jetzt kommt es darauf an, die Maßnahmen konkret umzusetzen und dabei die Zivilgesellschaft und die Betroffenen verstärkt einzubeziehen, damit zum Ende der Legislaturperiode Ergebnisse vorliegen.“

Mit den angekündigten Eckpunkten für eine gesetzliche Grundlage der Förderung geht der Ausschuss einen wichtigen Schritt in Richtung eines Demokratiefördergesetzes. „Für die Einführung des Demokratiefördergesetzes ist es wichtig, dass damit keine Doppelstrukturen oder ‚Leuchttürme‘ aufgebaut werden, sondern gerade die seit 20 Jahren etablierten Strukturen der Opferberatung und Mobilen Beratung gegen Rechtsextremismus abgesichert werden – damit Betroffene und Engagierte weiterhin professionelle Unterstützung bekommen“, erklärt Heiko Klare, Sprecher des BMB. „Wir sehen, dass unsere Fachexpertise – von der Unterstützung der Zivilgesellschaft im ländlichen Raum, der Fort- und Weiterbildung im Themenfeld Rechtsextremismus und Rassismus bis zu Dialogformaten zwischen Zivilgesellschaft und Polizei – in den Maßnahmen abgebildet sind, und sind gern bereit, an der Umsetzung mitzuarbeiten.“

Der Verband, der bundesweit 50 Beratungsstellen gegen Rechtsextremismus vertritt, sieht in den kommenden Wochen daher drei zentrale Punkte für die Umsetzung der Beschlüsse:

  • Das angekündigte Gesetz zur „wehrhaften Demokratie“ muss einen starken Fokus auf die demokratische Zivilgesellschaft setzen – denn die Unterstützung von Betroffenen und Engagierten sowie die Arbeit für demokratische Kultur ist keine „Ordnungspolitik mit anderen Mitteln“. Dazu braucht es eine stärkere Teilhabe von zivilgesellschaftlichen Akteuren, geförderten Projekten und vor allem Migrant*innenorganisationen.
  • Die Ausweitung der Förderung und der Umbau der Förderprogramme darf nicht zu Doppelstrukturen und Konkurrenzen führen. Im Sinne der Beratungsnehmenden braucht es verlässliche Partner vor Ort. Mobile Beratungsteams gegen Rechtsextremismus arbeiten gemeinsam mit Opfer-/Betroffenenberatungen in den Kommunen und ergänzen einander. Die Strukturen in den Ländern und die beiden Dachverbände müssen daher weiterhin unterstützt und benannt werden.
  • Es braucht weiterhin eine Gesamtstrategie, die über die nächste Bundestagswahl hinaus wirksam ist. Hier sind die nun bekannt gewordenen Maßnahmen ein wichtiger Schritt. Sie müssen aber konkretisiert und dauerhaft strategisch begleitet werden. Dazu gehört auch die Änderung des Gemeinnützigkeitsrechts bzw. der Abgabenordnung, damit der Einsatz für die Demokratie gemeinnützig bleibt.

Kontakt:

Heiko Klare
0152 01414494
klare@bundesverband-mobile-beratung.de

Pressemitteilung | 10/2020

Demokratiefördergesetz erneut gescheitert: Mobile Beratung eine der zentral betroffenen Förderstrukturen

Bundesverband Mobile Beratung

Dresden, 23. Oktober 2020

Laut Medienberichten soll es in dieser Legislatur kein „Demokratiefördergesetz“ geben. Dabei hätte ein Gesetz die Chance geboten, demokratisches Engagement nachhaltig zu stärken, kritisiert der Bundesverband Mobile Beratung (BMB): „Die langfristige Planung von professioneller Arbeit gegen Rechtsextremismus, Rassismus und Antisemitismus bleibt damit unmöglich“, so Dominik Schumacher, Sprecher des BMB.

Die Mobile Beratung gegen Rechtsextremismus berät, begleitet und unterstützt in allen 16 Bundesländern Einzelpersonen und Organisationen, die sich für die Demokratie und gegen Rechtsextremismus einsetzen. Sie hat sich in den vergangenen 30 Jahren zum nachhaltigsten Präventions- und Interventionsansatz gegen Rechtsextremismus entwickelt und ist für viele zivilgesellschaftliche Akteure sowie für Politik und Verwaltung zu einem unersetzlichen Partner geworden.

Die Qualität der Beratungsarbeit wird jedoch durch die aktuellen Förderstrukturen ununterbrochen torpediert:

  • Aufgrund von Jahresverträgen haben die Berater*innen eine mehr als mangelhafte persönliche Perspektive. Das Ergebnis ist ein dauerhafter Braindrain: Viele Angestellte verlassen nach 5 bis 10 Jahren das Berufsfeld.
  • Statt dringend hilfebedürftige Menschen und Organisationen zu beraten, müssen Berater*innen jedes Jahr aufs Neue Fördermittelanträge schreiben – und verbringen ihre ohnehin knappe Arbeitszeit damit, ihren eigenen Arbeitsplatz für ein weiteres Jahr zu sichern.
  • Alle geförderten Strukturen unterliegen Fördermittellogiken, die sich – je nach politischer Mode – ständig verändern. Das führt dazu, dass gut funktionierende Projekte plötzlich nicht mehr gefördert werden und Berater*innen stattdessen das nächste kurzlebige Leuchtturmprojekt durchführen müssen.
  • Alle geförderten Strukturen sind abhängig „von der Hand, die sie füttert“. Das ist für die Mobile Beratung, die gerade durch ihre Unabhängigkeit Vertrauen zu den Beratungssuchenden aufbaut, katastrophal. Zudem hat die Abhängigkeit in jüngerer Vergangenheit dazu geführt, dass Handreichungen zur AfD aus Angst vor politischen Konsequenzen nicht gefördert wurden, obwohl kommunale Akteure dringend darauf angewiesen waren.

Ein Demokratiefördergesetz hätte mit all dem Schluss gemacht

Mit einem Demokratiefördergesetz hätte die Große Koalition diese prekäre Förderstruktur nachhaltig verbessern und damit sowohl den Trägern und Berater*innen als auch den Beratungssuchenden Sicherheit und Perspektive geben können. „Ansätze wie die der Mobilen Beratung schaffen nachhaltige demokratische Strukturen und entziehen damit auf lokaler Ebene rechtsextremen Akteuren den Nährboden. Dass diese Arbeit nicht gesetzlich gesichert wird, sondern bedroht bleibt, ist gerade nach den Ereignissen von Hanau und Halle ein Skandal“, so Dominik Schumacher, Sprecher des BMB.

Kontakt für Presseanfragen:

Dominik Schumacher, Sprecher des BMB
schumacher@bundesverband-mobile-beratung.de
0159 0682 3394

Pressemitteilung | 08/2020

Was wir brauchen: Eine Agenda gegen Rassismus, Antisemitismus und Rechtsextremismus – und keine Sonntagsreden

Bundesverband Mobile Beratung, EOTO, ndo, VBRG

Berlin, 19. August 2020

Gemeinsame Stellungnahme vom Verband der Beratungsstellen für Betroffene rechter, rassistischer und antisemitischer Gewalt (VBRG), Each One Teach One (EOTO), den neue deutsche organisationen (ndo) und dem Bundesverband Mobile Beratung (BMB) anlässlich der Anhörungen von Zivilgesellschaft und Wissenschaft des Kabinettsausschusses zur Bekämpfung von Rassismus und Rechtsextremismus.

Bereits im Herbst 2020 soll laut Bundesinnenminister Horst Seehofer der Kabinettsausschuss zur Bekämpfung von Rassismus und Rechtsextremismus ein Maßnahmenpaket vorlegen. Dafür sind aktuell knapp 50 Vereine, Verbände und Initiativen der Zivilgesellschaft eingeladen, am 20.8.2020 in Berlin ihre Forderungen und Analysen vorzutragen. Wir teilen die Sorge vieler Betroffenen-Initiativen und Migrant*innenorganisationen, dass am Ende einmal mehr Symbolpolitik ohne konkrete Wirkung präsentiert wird.

Das geplante Maßnahmenpaket des Kabinettsausschusses muss tatsächliche Fortschritte bei der Auseinandersetzung mit Rassismus, mit rassistischer, antisemitischer und rechter Gewalt und Terror und mit Polizeigewalt ermöglichen. Dafür erwarten wir als bundesweite Vereinigungen folgende fünf Beschlüsse vom Kabinettsausschuss:

  • Das Bundeskabinett einigt sich auf eine einheitliche und bundesweit verbindliche Arbeitsdefinition von institutionellem und strukturellem Rassismus. Als Orientierung dient die Definition der Rassismus-Enquete-Kommission des Thüringer Landtags. Diese Definition ist Ausgangspunkt für Fortbildungen, Studien, etc. in den Bereichen Polizei, Justiz, Bildung etc.
  • Das Bundeskabinett beschließt eine Erweiterung des Opferschutzes im Aufenthaltsgesetz und stellt sich damit den politischen Zielen der Rechtsextremen entgegen. Es setzt ein eindeutiges Signal, in dem es ein Gesetzesvorhaben für ein humanitäres Bleiberecht für Betroffene rassistischer Gewalt ohne festen Aufenthaltsstatus hervorbringt – durch eine Erweiterung von §25AufenthG um Absatz 4c. Es kann nicht sein, dass Täter*innen profitieren, weil abgeschobene Opfer nicht mehr als Zeug*innen in Strafverfahren aussagen können.
  • Das Bundeskabinett einigt sich auf eine Studie zu Racial Profiling und Rassismus bei den Polizeibehörden des Bundes und der Länder und ermöglicht damit, das Ausmaß des Problems zu vermessen sowie wirksame Gegenmaßnahmen einzuleiten.
  • Das Bundeskabinett einigt sich auf eine Ausweitung der Entschädigungsleistungen für Betroffene von rassistisch, antisemitisch und rechtsextrem motivierten schweren Sachbeschädigungen und Brandanschlägen durch das Bundesamt für Justiz. Die Angegriffenen stehen nach den Anschlägen auf Restaurants, Lebensmittelgeschäfte, Shisha-Bars oder Imbisse – wie etwa in Chemnitz, Halle, Hanau und Berlin – buchstäblich vor den Trümmern ihrer Existenz. Bisher gibt es keine Entschädigungsansprüche für zerstörtes Inventar, Renovierungskosten, Sicherungsmaßnahmen oder existenzbedrohende Einnahmeverluste in Folge von Anschlägen.
  • Das Bundeskabinett einigt sich auf eine grundlegende Reform des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG) und führt ein Verbandsklagerecht ein. Wir fordern einen Diskriminierungsschutz, der neben dem privatrechtlichen Bereich (AGG) auch staatliches Handeln einbezieht. Hier fordern wir ein Bundesantidiskriminierungsgesetz (BADG) zum Schutz vor Diskriminierung durch staatliche Stellen. Außerdem braucht es auf Landesebene bundesweit Landesantidiskriminierungsgesetze (LADG).

Pressekontakt:

VBRG: info@verband-brg.de
EOTO: pr@eoto-archiv.de
BMB: kontakt@bundesverband-mobile-beratung.de
ndo: medien@neue-deutsche-organisationen.de

Pressemitteilung | 06/2020

Innenministerkonferenz muss Betroffene von Verschwörungsideologien besser schützen

Bundesverband Mobile Beratung, RIAS, VBRG

Berlin, 17. Juni 2020

Von Mittwoch an findet in Erfurt die 212. Sitzung der Innenministerkonferenz statt. Diese tagt in einer gesellschaftlichen Situation, in der eine von Antisemitismus, Rassismus und Rechtsextremismus geleitete Protestbewegung die staatlichen Maßnahmen gegen die Coronapandemie zum Ausgangspunkt für antisemitische Verschwörungsmythen sowie rassistische Hetze und Gewalt nimmt, warnen Vertreter*innen des Bundesverbandes Mobile Beratung (BMB), des Verbandes der Beratungsstellen für Betroffene rechter, rassistischer und antisemitischer Gewalt (VBRG) sowie des Bundesverbands der Recherche- und Informationsstellen Antisemitismus (Bundesverband RIAS).

Bundesweit finden seit Anfang April Demonstrationen und Kundgebungen gegen die politischen Maßnahmen zur Eindämmung der Coronapandemie statt. Auch wenn die Beteiligung an diesen Versammlungen zuletzt rückläufig war, bleiben sie gefährlich: Unter dem Deckmantel der Kritik an pandemiebedingten Einschränkungen von Grund- und Freiheitsrechten werden extrem rechte Verschwörungsmythen sowie antisemitische, antidemokratische und rassistische Botschaften verbreitet. „Alleine zwischen Februar und April haben die Opferberatungsstellen mehr als 100 Vorfälle von sogenanntem Corona-Rassismus registriert – darunter Gewalttaten gegen Menschen im Wohnumfeld, beim Einkaufen oder am Rand der sogenannten Corona-Proteste und massive Bedrohungen von sogenannten politischen Gegner*innen und Journalist*innen“, sagt Kai Stoltmann vom VBRG. Die Expert*innen der Mobilen Beratungsteams beraten zum Umgang mit Verschwörungsmythen und analysieren die Entwicklungen der extremen Rechten und der rechtsoffenen Versammlungen im Kontext der Corona-Pandemie.

„Antidemokratische und antisemitische Narrative, verkleidet als legitimer Protest, werden auch in der sogenannten Mitte der Gesellschaft vertreten – das erinnert an die als ‚Sorgen und Ängste‘ getarnten antidemokratischen, autoritären und rassistischen Einstellungsmuster während der Mobilisierungen gegen Geflüchtete ab 2015“, warnt Bianca Klose vom Vorstand des BMB. „Die Innenministerkonferenz sollte nicht die Fehler von damals wiederholen und sich denen zuwenden, die am Lautesten schreien – sondern jene schützen, die von Antidemokraten als Feinde markiert werden und von Abwertung, Hetze und Verschwörungsmythen betroffen sind.“

Antisemitische Stereotype bei den Demonstrationen beobachten auch die Recherche- und Informationsstellen Antisemitismus: „Die im Rahmen der Proteste verbreiteten Verschwörungsmythen sind anschlussfähig an offenen Antisemitismus und gehen in zahlreichen beobachteten Versammlungen einher mit der antisemitischen Relativierung der Schoa in Form einer Selbstviktimisierung“, sagt Benjamin Steinitz, Geschäftsführer des Bundesverbands RIAS. Nicht nur auf der Straße, sondern auch online sei zudem eine immer offenere Verknüpfung von Verschwörungsmythen und Antisemitismus bis hin zur Schoa-Relativierung zu beobachten, die mit konkreten Bedrohungen gegen Jüdinnen*Juden vor Ort einhergingen. „Zudem berichten uns Betroffene aus unterschiedlichen Bundesländern, dass sie in Alltagssituation wie beim Spazierengehen mit dem Hund für die Corona-Pandemie verantwortlich gemacht und beschimpft worden seien“, so Steinitz.

„Insbesondere in Ostdeutschland beobachten wir, dass extreme Rechte, Neonazis und AfD-Funktionäre – wie schon bei den rassistischen Mobilisierungen gegen Geflüchtete in 2015 – auch bei den sogenannten ‚Corona-Protesten‘ den Kern der Organisator*innen darstellen“, sagt Kai Stoltmann vom VBRG. Der offene Rechtsextremismus zeige sich nicht zuletzt auch in der Verbreitung von sogenannten Feindeslisten durch Telegram-Gruppe von Widerstand 2020: „Hier wurden 25.000 Adressen von angeblichen politischen Gegner*innen geteilt, die auf diese Weise schon in den vergangenen Jahren mehrfach von extremen Rechten bedroht wurden“, so Stoltmann. „Umso notwendiger ist es, dass die Innenministerkonferenz endlich effektive Maßnahmen für einen verbesserten Schutz der Betroffenen von Feindeslisten beschließt – das machen nicht zuletzt auch der Mord an Walter Lübcke und der Nordkreuz-Komplex deutlich.“

Pressekontakt:

BMB: Bianca Klose, Mitglied des Vorstandes und Sprecherin des BMB e.V. / presse@mbr-berlin.de030 817 985 810; Heiko Klare, Sprecher des BMB e.V. / klare@bundesverband-mobile-beratung.de / 02 51 49 271 09

RIAS: Benjamin Steinitz, Geschäftsführer des Bundesverband RIAS e.V. / presse@report-antisemitism.de / 030 817 985 818

VBRG: Kai Stoltmann, Vorstandsmitglied beim VBRG e.V. / stoltmann@zebraev.de01 57 303 989 94

Pressemitteilung | 10/2019

Rechtsextremer Terroranschlag an Jom Kippur – Gesellschaftliche Zusammenhänge benennen und Betroffenen beistehen

Bundesverband Mobile Beratung, RIAS, VBRG

Berlin, 11. Oktober 2019

Die Ereignisse in Halle haben die Sorgen der jüdischen Communities in Deutschland bestätigt: Antisemitismus ist für Jüdinnen und Juden in Deutschland nicht nur eine alltagsprägende Erfahrung, sondern nach wie vor eine potentiell tödliche Bedrohung. Über fünfzig Personen mussten im Innern der Synagoge von Halle am höchsten jüdischen Feiertag stundenlang verharren, nachdem der rechtsextreme Täter versuchte, schwer bewaffnet zu ihnen vorzudringen. Der folgende mörderische Anschlag auf einen Dönerimbiss erfolgte nicht aus Zufall, sondern war rassistisch motiviert. Wir sind erschüttert über den gewaltsamen Tod zweier Menschen. Unsere Trauer und Anteilnahme gilt den Angehörigen und Freunden der Todesopfer sowie den weiteren Verletzten.

Dr. Kai Stoltmann, Mitglied im Vorstand des VBRG:

„Rechte, rassistische und antisemitische Gewalt und rechter Terror sind alltägliche Realität in Deutschland. Die Forderungen nach Schutz der Betroffenen von Rassismus, Antisemitismus und Rechtsterrorismus müssen endlich ernstgenommen werden. Es braucht mehr Solidarität und die konsequente Entwaffnung und Strafverfolgung bewaffneter Neonazi-Netzwerke, um eine weitere Eskalation zu verhindern.“

Pascal Begrich, Mitglied im Vorstand des BMB:

„Solche Attentate passieren nicht im „luftleeren Raum“. Sie werden von Tätern verübt, die sich bestätigt fühlen von einem politischen Klima, in dem sich die Grenzen des Sagbaren online wie offline immer weiter verschieben und die Feindbildbestimmung zur Normalität der politischen Auseinandersetzung geworden ist.“

Benjamin Steinitz, Geschäftsführer Bundesverband RIAS:

„Der Terroranschlag von Halle muss tiefgreifende Konsequenzen haben: diese dürfen nicht bei symbolischen Gesten stehen bleiben. Sicherheitsbehörden, Bildungseinrichtungen, Medien, Zivilgesellschaft und Politik haben die Pflicht jede Form des Antisemitismus zu erkennen, zu benennen und zu ächten. Nur so kann das Gefühl in den jüdischen Gemeinschaften ‚alleine dazustehen‘ überwunden werden.“

Das maßgebliche Tatmotiv war allem Anschein nach ein verschwörungsideologischer Antisemitismus, als Teil eines geschlossenen rechtsextremen Weltbildes. In diesem greifen Antisemitismus, Rassismus und Antifeminismus eng ineinander. Alle als bedrohlich wahrgenommenen gesellschaftlichen Entwicklungen werden dabei aber letztendlich auf einen vermeintlichen jüdischen Einfluss zurückgeführt. Rechtsextreme Ideologie mündet unweigerlich in Gewalttaten gegen die als Feindbild markierten Gruppen. Aus der ständig wiederholten Erzählung eines permanenten, endzeitlichen „Abwehrkampfes“ gegen eine angebliche „Umvolkung“ ergibt sich das Bestreben nach Bewaffnung, um an einem selbst gewählten „Tag X“ losschlagen und Vernichtungsfantasien in die Tat umsetzen zu können. Die Erzählung des „Einzeltäters“ und einer „neuen Qualität der Gewalt“ führen daher in die Irre.

Die Tat reiht sich ein in eine Liste mehrerer rechtsextremer Anschläge der vergangenen Jahre, die sich in Inszenierung und virtueller Sozialisation der männlichen, weißen Täter gleichen. Zu nennen sind etwa die Anschläge von Utøya und Oslo 2011 sowie die Anschläge auf zwei Moscheen in Christchurch im März 2019 und auf die Synagoge in Pittsburgh 2018. Die Täter bewegen sich in Netzwerken, tauschen sich über Online-Foren aus, unterstützen sich gegenseitig und ahmen einander nach. Sie profitieren von der jeweiligen Aufmerksamkeit und dem zur Verfügung gestellten Erfahrungswissen anderer Täter. Gewalt gegen Jüdinnen und Juden in Deutschland hat zudem auch nach 1945 eine jahrzehntelange traurige Tradition – so werden etwa die Morde an Shlomo Lewin und Frida Poeschke 1980 oder die Brandanschläge auf die Synagogen in Lübeck (1994) und Düsseldorf (2000) in der aktuellen Diskussion nahezu ausgeblendet.

Rechtsextreme Diskurse haben eine klare Botschaft an die Betroffenen: ihr seid nicht sicher und ihr gehört nicht dazu. Der Anschlag in Halle hat ein weiteres Mal vor Augen geführt: Antisemitismus und Rassismus töten. Es ist an der Zeit, dies ernst zu nehmen und einzustehen für eine solidarische, offene und vielfältige Gesellschaft, in der alle angstfrei leben können.

Pressekontakt:

BMB: Pascal Begrich, Mitglied des Vorstandes des BMB e.V. / pbegrich.gs@miteinander-ev.de / 0178 283 936 86; Bianca Klose, Mitglied des Vorstandes des BMB e.V. / presse@mbr-berlin.de / 030 817 985 810

RIAS: Benjamin Steinitz, Geschäftsführer des Bundesverband RIAS e.V. / presse@report-antisemitism.de / 030 817 985 818

VBRG: Dr. Kai Stoltmann, Mitglied im Vorstand des VBRG e.V. / 0157 303 989 94

Pressemitteilung | 10/2019

„Wir machen weiter – mit der Arbeit und mit dem Streiten für eine langfristige Perspektive“

Bundesverband Mobile Beratung

Dresden, 08. Oktober 2019

Die Arbeit des Bundesverbands Mobile Beratung e.V. (BMB) und des Verbands der Beratungsstellen für Betroffene rechter, rassistischer und antisemitischer Gewalt (VBRG) wird auch im Jahr 2020 vom BMFSFJ finanziell gefördert. „Wir sind erleichtert, dass nach zähen Verhandlungen und viel zu langer unklarer Perspektive nun doch ein Kompromiss erzielt werden konnte. Allerdings bleibt die Perspektive unsicher: Die Förderung ist zunächst auf drei Jahre begrenzt und beträgt höchstens 200.000 Euro“, ordnet Bianca Klose, Vorstand des BMB, die schon am 19.9. vom BMFSFJ in einer Presseerklärung verkündete Einigung ein. Im Vergleich zur aktuellen Fördersumme wird dem Bundesverband damit faktisch ein knappes Drittel weniger Geld zur Verfügung stehen. Auch die auf drei Jahre begrenzte Laufzeit bedeutet eine Kürzung um ein gutes Drittel im Vergleich zum bisherigen fünfjährigen Förderzeitraum von 2015-2019. „Danach soll die Förderung der Dachverbände über die Bundesländer realisiert werden – was jedoch gänzlich fehlt, ist ein Finanzierungskonzept oder ein realistisches Verfahren, das den derzeitigen politischen Konstellationen auf Landesebene Rechnung trägt und unsere Weiterförderung sicherstellt“, so Klose weiter.

Kürzungen bedrohen erfolgreiche Arbeit und konkrete Unterstützung

Damit stehen aktuell erfolgreiche Vorhaben des Bundesverbands vor dem Aus, weil eine Finanzierung nicht gewährleistet ist – darunter das seit 2017 mit großem Erfolg gemeinsam mit der Dt. Hochschule der Polizei und der Bundeszentrale für politische Bildung erprobte Austauschkonzept „Zwischen Konflikt und Konsens – Polizei und Zivilgesellschaft im Dialog“. Auch die Fortführung der Auseinandersetzung mit Demokratieimpulsen im ländlichen Raum, aus der im vergangenen Jahr die bundesweit beachtete Tagung „Was blüht dem Dorf?“ und aktuell der gleichnamige Sammelband zur „Demokratieentwicklung auf dem Land“ hervorgegangen sind, steht auf dem Spiel.

Die Kürzung wird darüber hinaus große Auswirkungen auf die Arbeit der Fach-AGs im Bundesverband haben, in denen sich länderübergreifend Berater*innen zu aktuellen Herausforderungen der Beratungsarbeit vernetzen. Sie sind Impulsgeber und erarbeiten gemeinsam Publikationen, wie etwa die Handreichung „Wir holen uns unser Land und unser Volk zurück – zum Umgang mit rechtspopulistischen Parten in Parlamenten und Kommunen“. Damit wird auch eine zentrale Aufgabe und Kompetenz der Zusammenarbeit im Verband erschwert: die schnelle und länderübergreifende Analyse aktueller Phänomene und Erscheinungsformen der extremen Rechten und des Rechtspopulismus auf der Basis der Erfahrungen der Beratungsteams vor Ort.

Zivilgesellschaftliche Arbeit langfristig stärken!

Die Dachverbände der Opfer- und der Mobilen Beratung haben gemeinsam seit vielen Monaten um die nun vereinbarte Förderung gebangt und gestritten. Aktuell wird darüber hinaus aber deutlich, dass mit der von Ministerin Giffey angekündigten „Entfristung“ des Bundesprogramms „Demokratie leben!“ auch eine Neuausrichtung der Förderpolitik einhergeht, die offenbar zum drohenden Ende vieler in den letzten Jahren aufgebauter Projekte und Strukturen führt – und damit wichtiger Partner*innen der Mobilen Beratungsteams im Eintreten für eine demokratische Alltagskultur vor Ort. Wir schließen uns daher den Forderungen des Bündnis Bildung für eine demokratische Gesellschaft nach einem Ausbau der Demokratieförderung an und verweisen beispielhaft für bedrohte Strukturen auf die Stellungnahme der Fachträger für geschlechterreflektierte Pädagogik. Bianca Klose fordert: „Wir brauchen eine Förderung, die unabhängig von politischen Konjunkturen die evaluierten Strukturen und das Bewährte stärkt – die Mobilen Beratungsteams und ihr Bundesverband müssen als solche zentralen Kompetenzträger endlich dauerhafte Planungssicherheit erhalten!“

Der Bundesverband Mobile Beratung wird voraussichtlich Mitte Oktober vom BMFSFJ auf der Basis der aktuellen Einigung zur Antragstellung aufgerufen und in der Folge bis Anfang November einen Antrag auf Förderung als so genanntes „Begleitprojekt“ im Bundesprogramm „Demokratie leben!“ stellen. Ein endgültiger Bescheid über die Förderung ab dem 1.1.2020 wird voraussichtlich bis Ende des Jahres 2019 vorliegen.

Pressemitteilung | 06/2019

Betroffene und Engagierte brauchen Unterstützung – Vorhandene Beratungsstrukturen fördern statt neue Anlaufstellen schaffen

Bundesverband Mobile Beratung

Dresden, 27. Juni 2019

In Berlin hat heute der Bundesinnenminister den Verfassungsschutzbericht für das Jahr 2018 vorgestellt. Seehofer wertet den Mord an Walter Lübcke in diesem Zusammenhang als „Alarmsignal für die demokratische Grundordnung“. Immer wieder ist von einer „neuen Qualität der Gewalt“ zu lesen. Betroffene rechter Gewalt, Geflüchtete, Menschen die auf „Feindeslisten“ stehen und häufig erst viel zu spät davon in Kenntnis gesetzt werden sowie engagierte Akteure aus Zivilgesellschaft, Kommunalpolitik und -verwaltung sehen sich aber bereits seit vielen Jahren solchen Gefahren ausgesetzt. Die Morde des NSU und nicht zuletzt die über 190 Todesopfer rechter Gewalt seit 1990 sprechen eine deutliche Sprache. Auch die erneuten Drohungen gegen die Kölner Oberbürgermeisterin Henriette Reker und den Altenaer Bürgermeister Andreas Hollstein oder die Serie von Angriffen auf Engagierte in Berlin-Neukölln machen die Notwendigkeit zum Handeln immer wieder deutlich.

Die über 40 im Bundesverband Mobile Beratung zusammengeschlossenen Beratungsteams gegen Rechtsextremismus fordern, die Unterstützung von Zivilgesellschaft, Kommunalpolitik und -verwaltung stärker in den Fokus der Debatte zu rücken. Rechte Bedrohungen gehören für Menschen, die sich vor Ort für eine demokratische Kultur einsetzen, schon lange zum Alltag und müssen endlich ernst genommen werden. „Dafür braucht es keine Forderungen nach zentralen Beratungsstellen – denn die gibt es seit 20 Jahren. Diese bestehenden Teams und ihre Dachverbände müssen weiter und umfassender unterstützt werden!“, so Heiko Klare, Sprecher des Bundesverbands Mobile Beratung.

Sicherheitsdebatte greift zu kurz – Engagierte und Betroffene brauchen Unterstützung und Beratung

„Aktuell wird vor allem über sicherheitspolitische Aspekte debattiert“, so Bianca Klose, Sprecherin der Bundesverbands Mobile Beratung: „Das allein greift aber zu kurz. Wenn wir weiterhin Menschen ermutigen wollen, angstfrei Position zu beziehen, in ihrem Umfeld öffentlich zu widersprechen und sich für Demokratie einzusetzen, dann brauchen diese Menschen professionellen Beistand.“

Seit 20 Jahren unterstützen die Mobilen Beratungsteams gegen Rechtsextremismus und für demokratische Kultur Menschen und Organisationen, die sich für ein friedliches Zusammenleben einsetzen und die gegen extrem rechte Akteure aktiv sind. Immer häufiger berichten Beratungsnehmer*innen den Teams von Drohungen und Angriffen, vermehrt nutzen auch Betroffene von sogenannten Feindeslisten die Beratung. Die Strafverfolgung ist dann ein wichtiger Aspekt, aber bei weitem nicht der Einzige. Zumal auch eine Auseinandersetzung mit rechten Strukturen in den Sicherheitsbehörden selbst dringend geboten scheint.

Professionelle Beratungsstrukturen ausbauen statt neue Angebote schaffen

Die Mobilen Beratungsteams (MBTs) bieten die dringend benötigte Hilfe zur Selbsthilfe im Alltag an und bauen dabei auf langjährige Erfahrung und gemeinsame professionelle Arbeitsgrundsätze auf. Mit Hilfe des Bundesverbands Mobile Beratung, der 2014 gegründeten fachlichen Vernetzung der MBTs in den Ländern, können aktuelle Herausforderungen länderübergreifend analysiert und die Herausforderungen und Bedarfe der Zivilgesellschaft schnell erkannt werden. Gemeinsam mit den spezialisierten Beratungsstellen für Betroffene rechter, rassistischer und antisemitischer Gewalt, die im Dachverband VBRG organisiert sind, existieren also genau die Beratungsangebote schon, die aktuell von Bundespolitiker*innen gefordert werden.

Neue Förderschwerpunkte? Bundesverband als zentrale Anlaufstelle vor dem Aus

„Es ist in diesem Zusammenhang unverständlich, warum hier nicht die Empfehlungen der NSU-Untersuchungsausschüsse umgesetzt werden und existierende Beratungsstrukturen und Dachverbände besser ausgestattet werden“, so Bianca Klose. Stattdessen ist in der Neuauflage des im BMFSFJ angesiedelten Programms „Demokratie leben!“ die Finanzierung des Bundesverbands Mobile Beratung und des Dachverbands der Betroffenenberatung über das Jahresende hinaus nicht gesichert. „Wenn die Dachverbände als fachliche Impulsgeber und Vernetzungsmöglichkeit der MBTS und OBTs wegbrechen, leidet darunter vor allem die dringend notwendige Unterstützung der Engagierten vor Ort“, befürchtet Heiko Klare.

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